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Geschichte

Frühere Ansicht von Langnau i. E. (vor 1913)Das unzugängliche, bewaldete und von tiefen Gräben geprägte Gelände des oberen Emmentals wurde erst recht spät besiedelt. Die Geländeterrassen und zugänglicheren Hügel waren wohl erst Ende des ersten Jahrtausends bewohnt. Hinweise auf eine voralemannische Besiedlung des Emmentals gibt es keine. Bodenfunde aus früheren Epochen stammen wahrscheinlich von nomadisierenden Jägern. Bei heute noch nachweisbaren Spuren von Refugien oder Fliehburgen am Wiederberg, auf Zwygarten und im Bärau, handelt es sich um alemannische, wohl ständig bewohnte Wehranlagen aus dem 11. Jahrhundert, welche zu einem ganzen Verteidigungssystem gehörten.

Dorfname

Der Name des Dorfes Langnau wird 1139 erstmals urkundlich erwähnt, frühere Nennungen wie beispielsweise jene von 850 beziehen sich wahrscheinlich nicht auf das emmentalische Langnau. Die Bezeichnung „lange Au“ ist denn auch ein Flurname, der auf verschiedene Regionen zutreffen kann.

Besitzverhältnisse

Über die frühen Besitzverhältnisse der Region sind kaum Schriften vorhanden. Von den Rittern von Langnau, einem kyburgischen Dienstmannengeschlecht, sind weder Herrschaftsgebiet noch Burg bekannt; die Freiherren von Spitzenberg errichteten ihre Stammburg auf der Spitzenegg in der Gohl. Durch Verkauf gelangte die Stammburg um 1300 an die Söhne Rudolfs von Habsburg, die ihre Güter genau aufzeichneten und im sogenannten Habsburgischen Urbar von 1300 bis 1310 festhielten. Neben den einheimischen Grundbesitzern gab es eine Reihe von auswärtigen, wobei die Besitzverhältnisse das ganze Mittelalter hindurch dank Schenkungen und Verkäufen ständig wechselten. 1130 wurde das Benediktinerkloster Trub gegründet und grosse Gebiete der heutigen Gemeinde Langnau gingen mit der Zeit in Klosterbesitz über. Der Kirchensatz Langnaus ging 1276 durch Schenkung an das Kloster und in der Folge wurde die Priesterstelle in Langnau von Benediktinermönchen besetzt. Die Vorherrschaft des Staates Bern über das Emmental festigte sich im 15. Jahrhundert, nachdem die Eidgenossen 1386 die Schlacht bei Sempach für sich entschieden hatten und so den Einfluss des Hauses Habsburg entscheidend schwächten. Trotzdem erfolgte die bernische Besitzergreifung schleichend durch Ausburgerpolitik, Kauf und „Erbe“, und fast 100 Jahre lang gab es Obrigkeitsstreitigkeiten mit der Stadt Luzern. 1406 wurde Langnau ein Gericht der Landvogtei Trachselwald. Bern wurde 1528 reformiert und setzte in seinen Gebieten den neuen Glauben durch. Von nun an übte die Stadt Bern die oberste Militär-, Gerichts-, Polizei- und Religionsgewalt aus. Nach dem Fall des alten Bern 1798 wurde Langnau Hauptort des helvetischen Distriktes Oberemmental, dem ehemaligen Amt Signau und heutigen Oberen Emmental.

Krieg und Täuferverfolgung

Der Bauernkrieg von 1653 ist als Folge der Wirtschaftskrise nach dem dreissigjährigen Krieg 1618 bis 1648 sowie als Reaktion auf die harten Täuferverfolgungen im Emmental zu sehen. Die Niederschlagung des Aufstandes begünstigte eine andauernde Verfolgung der Täuferbewegung durch die Obrigkeit bis etwa 1730. Sie löste Auswanderungen dieser Religionsgemeinschaften, unter anderem in den Jura, aus.

Marktrecht

Langnau war wohl schon sehr früh kein Bauerndorf mehr, sondern ein „gemischter“ Ort mit Handel und Gewerbe. Das Dorf erhielt früh das Marktrecht. Da dies eigentlich ein städtisches Privileg war, ist es ein Hinweis auf die schon im späten Mittelalter grosse Wichtigkeit Langnaus als Zentrum der Region. Wann genau der Ort ein Marktrecht erlangte ist nicht dokumentiert, aber nach langen obrigkeitlichen Streitigkeiten wurde es jedenfalls 1467 erstmals urkundlich erwähnt.

Schwyzerörgeli / LangnauerliWirtschaftszentrum

Langnau hat seine Stellung als Wirtschaftsstandort ganz besonders im 18. Jahrhundert ausgebaut. 1798 übertraf die Oberemmentaler Leinwand- und Käsemetropole sämtliche bernischen Landstädte mit einer doppelt so hohen Einwohnerzahl. Zwar hatte Bern mit mehr als 13'000 Einwohnenden unbestritten die Spitzenposition inne, doch weder Thun mit 1’500 noch Burgdorf mit 1’300 Einwohnenden kamen auch nur von ferne an die 3'700 Personen zählende Gemeinde Langnau heran. Einzig Sumiswald mit 3’100 Einwohnenden vermochte im 2. Rang mitzuhalten. Der Käsehandel im Dorf boomte. Es existierten nicht weniger als 7 Käsehandelsfirmen. Seit dem frühen 17. Jahrhundert wurde Keramik produziert. Langnau war der wichtigste Töpfereistandort im Kanton Bern, wenn es um Irdenware ging. Ab 1836 wurden in Langnau die ersten Schwyzerörgeli, die sogenannten Langnauerli, hergestellt. 1853 kaufte Ernst Friedrich Sänger, ein deutscher Kaufmann, das Haus am Bärenplatz, welches heute als "Sängerhaus" bekannt ist. Hier gründete der Mann eine Handweberei, die in den besten Zeiten 60 Mitarbeitende zählte. Die „Hochblüte“ im Emmental brachte auch viel Geld in die Region. Die mondäne europäische Kundschaft Micheli Schüppachs und die weitgereisten Leinen- und Käsehändler liessen Langnau zu einem weltoffenen Dorf werden.

Eisenbahn

Der Eisenbahnbau bestimmte im 19. Jahrhundert immer mehr die Standortgunst der Region. 1864 wurde der Bahnhof Langnau als Endstation der Eisenbahnteilstrecke Bern-Langnau eröffnet. Seit 1875 besteht die durchgehende Eisenbahnlinie Bern-Luzern über Langnau. 1881 wurde Langnau auch Endstation der Linie Burgdorf-Langnau. Mit der Eröffnung des Gotthardtunnels 1882 bot die Reise von Bern über Langnau nach Luzern die schnellste Verbindung in den Süden. Dies bis zur Eröffnung des vom Staate Bern massgeblich mitgetragenen Lötschbergtunnels 1913. Der Ausbau der Verkehrswege trug zu einer starken Wandlung des einstigen Bauerndorfes bei. Im Gegensatz zu seinen nach wie vor ländlichen Aussenbezirken ist das Dorf heute von eher urbanem Charakter. Die Ansiedlung von Kleingewerbe-, Handels- und Industriebetrieben führte zu einer nachhaltigen Veränderung.

Altes Dokument mit SiegelGeschichte erleben

Die Geschichte Langnaus kann auf einem Rundgang durchs Dorf entdeckt werden. Im „Chüechlihus", dem Langnauer Regionalmuseum, sind viele alte Gebrauchs- und Kunstgegenstände ausgestellt. Besonders erwähnt sei die „Micheli-Schüppach-Stube", die an den weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Wunderdoktor erinnert.